Originalausgabe
Einzelband
Genre: Middle Grade | Fantasy | Klassiker
Status: gelesen

♦ erweiterte Buchinfo

Der Wunschpunsch war eines der Bücher meiner Kindheit (worüber ich total froh bin - es gibt so viele tolle Kinderbücher, die ich damals verpasst habe!). Ich habe es irgendwann einmal geschenkt bekommen und über die Zeit hinweg immer und immer wieder gelesen und kann das Wort satanarchäoundsoweiter bis heute ohne zu stottern aufsagen.
Jahre später haben wir es dann in der Leserunde als unser Weihnachts- | Silvesterbuch 2006 gelesen (unser gemeinsam gelesenes Buch #21). Weil ich mein Exemplar zu diesem Zeitpunkt nicht finden konnte, habe ich das Buch aus der Bücherei ausgeliehen.
Und noch einmal ein paar Jahre später kam eine neue Lesung von Christoph Maria Herbst raus, die ich unbedingt wollte und mir dann selbst zu Weihnachten geschenkt habe. Das Hören hat für die Zurück in die Vergangenheit - Challenge gezählt.

Der Abend vor Silvester. Die Laune des Geheimen Zauberrats Beelzebub Irrwitzer könnte nicht trostloser sein. Er hat es nämlich in diesem Jahr nicht geschafft, sein mit der Höllischen Exzellenz persönlich vertragsmäßig festgelegtes Soll an bösen Taten zu vollbringen und soll nun um Mitternacht für seine Rückstände höchstselbst gepfändet werden.
Schuld daran ist nur der Spion, den ihm der Hohe Rat der Tiere ins Haus geschickt hat. Irrwitzer hat den einfältigen Kater Maurizio di Mauro zwar mit Futter und Betäubungsmitteln relativ unschädlich gemacht, geholfen hat ihm das, wie man sieht, aber auch nicht viel.

An diesem unglücklichen Abend bekommt er zu allem Übel auch noch Besuch von seiner Tante, der Geldhexe Tyrannja Vamperl. Er wird sofort misstrauisch, als sie ihm seine geerbte Hälfte einer alten Schriftrolle aus den Rippen leiern will. Schließlich bekommt er heraus, dass Tante Tyti in der gleichen misslichen Lage wie er selber steckt und jene Schriftrolle ihre Rettung darstellen könnte. Auf ihr steht nämlich die Anleitung für den sagenhaften satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch - und dieser Trank macht nichts weniger, als einem sämtliche Wünsche zu erfüllen.
Während sich Irrwitzer und Tyrannja also mit ihrem ganzen diabolischen Wissen daran machen, den Wunschpunsch zu brauen, versuchen der Rabe Jakob Krakel, der Spion im Hause Vamperl, und Maurizio, Hilfe zu holen. Ein scheinbar hoffnungsloses Unterfangen...

Der Re-read unserer Leserunde anlässlich Silvester hat mir mal wieder vor Augen geführt, wie ungeheuer genial dieses Buch ist!

Es fängt sogar noch vor dem Text schon gut an! Dort steht nämlich: "mit Bildern von Regina Kehn".
Regina Kehn ist eine meiner Lieblingsillustratorinnen und ich muss gestehen, dass mir vorher nicht bewusst war, dass auch die kultigen Zeichnungen im Wunschpunsch von ihr stammen!

Michael Endes Fantasie scheint wirklich keine Grenzen zu kennen, nahezu jede einzelne Seite bietet eine fantastische Idee, eine ungewöhnliche Beschreibung oder einen ausgefuchsten Einfall. Gleich auf der ersten Seite zum Beispiel die Uhr, die mit einem Hammer auf einen Daumen kloppt und die Stunden mit "Auas" anzeigt.
Ich liebe Irrwitzers Sessel (den "ein handwerklich begabter Vampyr eigenhändig aus Sargbrettern geschreinert hatte" - auch so ein Satz, den ich mir wohl für alle Ewigkeiten merken werde) oder die Beschreibung von Tyrannja Vamperl. Mal ganz abgesehen davon dass allein schon die Namen von Zauberer und Hexe einfach mühelos vollkommen richtig klingen. Ebenso liebe ich etwa die Kinderreime aus Irrwitzers Kindheit (beispielsweise seine Version von "Schlaf, Kindlein, schlaf") - so simpel, so gemein, einfach genial!

Jakob und Maurizio sind wirklich eines der Teams der Literaturgeschichte. Der Rabe schießt mit seinem frechen Mundwerk diverse Vögel ab und der Kater, der zwar nix kapiert, aber trotzdem geschwollen daher redet, steht ihm im Grunde darin in nichts nach. Wie sehr man mit den beiden mitfiebert und ihnen die Daumen drückt!

Ganz besonders toll finde ich auch, dass Michael Ende nicht etwa seine Sprache verkindlicht, sondern durchaus Anforderungen an seine Leserschaft stellt, zum Beispiel solche Wörter wie 'gravitätisch' verwendet. (Hachja, und das gute alte "Korinthenkackerli"... )
Und: bereits 1989 hat Michael Ende das Thema Umweltschutz und verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umgebung aufgenommen - ein Thema, das auch 25 Jahre später nichts von seiner Aktualität verloren hat!

Meiner Meinung nach sollte Der Wunschpunsch in jedem Bücherregal stehen!

Ich bin ein großer Fan von den Lesungen von Christoph Maria Herbst, trotzdem muss ich zugeben, dass ich ein wenig skeptisch war - vor allem seine Stimme für Jakob Krakel (und Tante Tyti) war ein wenig... gewöhnungsbedürftig. Bei Hörbüchern geht es mir allerdings häufig so, dass ich mich erst an die Stimme des Sprechers gewöhnen muss und nachdem ich das hier getan hatte, fand ich die Lesung einfach nur großartig.
Die Geschichte mal wieder zu erleben - diesmal in anderer, mir neuer Form - war... naja... eben ein Erlebnis und ich kann mir gut vorstellen, das Hörbuch in den kommenden Wintern wieder hervorzuholen.